Nachlese zur Galerie bois (1992-1995)
Ein Gespräch von Jana Wisniewksi mit Robert Waldl im Februar 2007
http://e-motion-artspace.org/speakers.htm:
"GALERIE BOIS" Präsentationen im elektronischen Raum.
J.W.: Jahrelang warst Du eines der aktiven und gefragten Mitglieder
der Wiener Fotokunst-Szene, dann auf einmal kamen Anfragen an damals
noch analog arbeitende FotokünstlerInnen, um Beiträge für
eine Virtuelle Galerie - wie kam das?
R.W.: Im Jahr 1992 habe ich mir zum ersten Mal zeigen lassen, wie das
Internet funktioniert, von einem Wissenschaftler, ich war nicht wirklich
firm auf dieser sogenannten DOS Ebene. Ich war aber total fasziniert
davon zu sehen, wenn er z.B. sagte, und jetzt sind wir auf einem Server
in Sydney, oder da hat ein Kollege das für mich bereitgelegt, und
er hat das dann heruntergeladen. Für mich war das damals das erste
Mal, dass ich das Wort downloaden gehört habe. Das hat natürlich
anders ausgeschaut wie heute, wo es Webbrowser gibt.
J.W.: In der Klasse Peter Weibel an der Angewandten, die du ja besucht
hast, war das damals noch kein Thema?
R.W.: Also ich kann mich nicht erinnern, das war allerdings in den
80er Jahren. Ein großer Aufruhr war, als damals ein großer
Mac mit einer grafischen Benutzeroberfläche gestanden ist. Als
dann aber vielleicht schon Fotos auf dem Computer beheimatet waren,
war ich nicht mehr an der Angewandten. Mein großes Erlebnis war
bei dem Wissenschaftler, da tröpfelte etwas aus der Telefonleitung,
egal ob das Text war, auch Bilder, die er aus Amerika geholt hat, Grafiken,
das Zusammenspiel von Computer, Telephonie und Fotografie faszinierte
mich. Das hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe mit einem Freund
von mir, dem Reinhold Hörschläger, der eine Software-Firma
hat, eine Galerie kreiert, die nur über das Telefon zugänglich
ist. Wir haben dann begonnen daran zu arbeiten, und haben bald gesehen,
dass das nur mit einer sogenannten Mailbox zu realisieren ist. Die Bedeutung
dieses Begriffes ist aber heute anders, damals bezog sich das auf einen
Computer den man ans Netz gehängt hat, in den man sich einwählen
konnte.
J.W.: So eine Mailbox habt ihr bei dir hier im Atelier installiert?
R.W.: Ja, hier im Vorzimmer war die Galerie. Das beschrieb auch eineinhalb
Jahre später, zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam Doris
Krumpel. Wir haben 1992 erstmals Bilder ausgestellt, die sich aber außer
uns niemand angeschaut hatte.
J.W.: Der Name Galerie Bois, bezieht sich das auf das französiche
Wort Wald, also Galerie Waldl?
R.W.: Ja, das Problem war aber, dass wir sahen, wir müssen noch
im Realraum ein paar Anläufe nehmen, sonst bemerkt uns niemand.
Wir mußten dann, wie bei herkömmlichen Galerien Einladungen
drucken und verschicken, damit jemand auf die Idee kommt da rein zu
schauen. Wir hatten eine Ausstellung mit Sabine Bitter gemacht, die
erste Fotografin, welche die Fotografie digitalisiert hat und digital
verändert hat. Doch trotz Einladungen haben sich ganze 5 Leute
eingewählt, die Künstlerin und wir miteingeschlossen.
J.W.: Das Problem war, daß wir kein Modem hatten, damals
R.W.: Die zweite Ausstellung war dann mit Sodomka/Breindl, die haben
aber schon wirklich mit dem Medium umgehen können, sie haben glaube
ich 3 Bilder, 3 Töne, 3 Texte zur Verfügung gestellt, die
konnte man runterladen und verändert wieder raufladen. Da haben
sich dann vielleicht schon 20 Leute damit gespielt, diese Ausstellung
hat sich dauernd verändert.
J.W.: Das war noch 1993?
R.W.: Ja. Dann habe ich zum Reinhold gesagt, das ist ja alles sehr
schwierig, aber einmal probieren wir es noch und dann habe ich eine
Ausstellung "Computing Photography" gemacht. Ich habe eingeladen
Sigrid Kurz, Ilse Haider, Thomas Freiler und wir hatten einen Sponsorvertrag
mit Compaq, wir haben den Künstlern einen Computer zur Verfügung
gestellt, wir haben ihnen einen Computerkurs bezahlt und nach einigen
Monaten die Resultate in der Galerie Bois ausgestellt. Und dann passierte
es: Sowenig vorher von uns wahrgenommen wurde, so sehr haben sich 1994
dann die Medien für unsere Arbeit interessiert. Das war noch in
der Mailbox-Galerie, die nicht im Internet war, doch wir dachten, es
wäre an der Zeit dies nun zu tun. Damals hat aber jeder Speicherplatz
ein irres Geld gekostet. Und dann war auf einmal das World Wide Web
da, und wir konnten uns die Domain und Speicherplatz nicht leisten.
J.W.: Hat es nicht damals die Public Netbase schon gegeben?
R.W.: Ja, die haben gearbeitet. Mit denen gemeinsam sind wir immer
wieder zum Ministerium gepilgert. Wir haben aber erst Ende 1994 einen
Sponsor gefunden, das war die Telecom, die ist aber später aufgekauft
worden, die haben uns dann ins www aufgenommen.
J.W.: Dann hattet ihr eine Adresse, die ja auch längere Zeit am
Fotonet abrufbar war.
R.W.: Dann hatten wir die Adresse www.bois.or.at
J.W.: Aber die Adresse gibt es jetzt nicht mehr. Am Fotonet war sie
wohl nur verlinkt.
R.W.:Die Adresse gibt es nicht mehr. Ich hatte dann auch nicht mehr
das Geld das weiter zu bezahlen.
J.W.: Und wer war der Webspace Provider?
R.W.: Die Telecom, die ist aber dann glaube ich von Nextra übernommen
worden und die gibt es glaube ich heute auch nicht mehr.
Robert Waldl (jetzt Dr. Robert Waldl) www.waldl.com war und ist Fotokünstler,
der sich nun seit 10 Jahren der Psychologie widmet und als Coach und
Psychotherapeut arbeitet. Seine (neuen) Fotoarbeiten entstehen neben
Hauptberuf und Familie, demnächst hat er wieder eine Ausstellung
in der Liget Galerie in Budapest, die ihn genauso wiedergefunden hat
wie ich - über Google...
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